-- [ MY-Naja ] -- [ 10.07.2010 - 06.08.2010 ] -- [ www.freietonne.de ] --


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10.07.20107.7Berkenbrück (OSK)
L: 14°09'02", B: 52°20'43" | google-maps
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Endlich unterwegs. Irgendwie beginnt jeder Urlaub mit den gleichen Worten. Diesmal haben wir vier Wochen MY Naja gebucht. Mal sehen, ob das was wird. Wir werden jedenfalls in diesem Jahr keine Langstreckenrekorde aufstellen, haben uns vorgenommen, nicht mehr als 50 km pro Tag zurückzulegen. Zunächst werden wir die letzten unbekannten Kilometer des Oder-Spree-Kanals erforschen, dann soll es die Oder stromab bis Stettin gehen. Was danach kommt, wissen wir noch nicht. Wir wollen die Häfen erforschen, die wir bisher noch nicht angefahren sind, vielleicht ein Stück die Peene stromauf, die inneren Boddengewässer sind auch in der engeren Wahl. Weiter als Rügen geht es dann aber bestimmt nicht. Lassen wir uns überraschen.

Die Tour heute war einfach und erholsam, das Wetter meint es fast zu gut mit uns...


10.07.2010 (22.27 Uhr):

Am Ende des Tages bleibt festzustellen, daß "meint es fast zu gut mit uns" eine schlichte Untertreibung bleiben sollte. Nachdem sich der Wind gelegt hatte, haben wir nur noch geschwitzt. Beim Baden habe ich versucht, mit den Füßen das kältere Wasser an die Oberfläche zu bewegen, da die oberen Wasserschichten nicht mehr erfrischend wirken. Es ist definitiv zu warm.

Morgen bewegen wir uns dann in unerforschtem Gebiet. Tonnen klicken ist angesagt. Über die Liegemöglichkeiten in Eisenhüttenstadt, eigentlich unser Tagesziel, wissen wir nichts. Es soll einen Bootsclub geben, aber wir wollen eigentlich eher irgendwo alleine liegen, um bei den Temperaturen wenigstens die Option des Badens zu haben. Wir werden sehen.


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11.07.20109.6Eisenhüttenstadt (Stadtanleger)
L: 14°40'30", B: 52°08'40" | google-maps
4850

Die Fahrt nach Eisenhüttenstadt war so eintönig, wie sich das für einen ordentlichen Kanal gehört. Bei 38 Grad hatten die Schleusenmeister nicht unbedingt Lust auf arbeiten, also waren wir geschlagene 7 Stunden unterwegs. Allerdings haben wir eben zwei davon vor der Schachtschleuse Eisenhüttenstadt vertrödelt. So etwas schlafen, etwas lesen, etwas mit dem Schleusenmeister reden, der sich dafür entschuldigt, uns erst Schleusen zu wollen, wenn der Sportfreund aus Polen, der vor uns die Kersdorfer Schleuse passierte, und den wir wie Müllrose überholt hatten, eingetroffen sei. Er könne nicht so oft schleusen, weil das Pumpwerk, das das Wasser aus der Oder in den Kanal zurück transportiere, defekt sei. Nein, die Pumpen funktionierten. Es lag wieder mal an der billigen Steuerelektronik. Die Monteure aus Berlin seien wohl am Sonntag kaum noch zu erwarten, also Notbetrieb bis Montag Mittag.

Ilona war etwas ungehalten, mir war es eigentlich egal. Nicht egal war der Teil des Gespräches, in dem es um Wasserstände, Tauchtiefen und "Fahrwassertiefe" ging. Nun bin ich zwar schon fast 15 Jahre auf dem Wasser unterwegs, aber ehrlich, wer kümmert sich schon um so etwas. Die drei Mal, die ich Elbe und Oder als einzige fließende Gewässer unseres Reviers befahren habe, hieß es immer, der jeweilige Fluß führe zu wenig Wasser. Aber mit den jeweils angegebenen Pegelständen konnte ich eben nie wirklich etwas anfangen. Bis zu diesem Gespräch mit dem Schleusenmeister aus Eisenhüttenstadt, der meinte, die Fahrwassertiefe zwischen Warthemündung und Hohensaaten betrage gerade noch 1,15 Meter. Wir haben erst einmal behauptet, wir bräuchten einen Meter, da sah er keine Gefahr. Er bot an, morgen früh nochmal zu telefonieren, um uns die aktuellen Werte durchzugeben. Wir haben uns bedankt, ganz ruhig und souverän. Als er endlich weg war, hab ich das Bandmaß geholt und bin getaucht. Ilona meint, an der tiefsten Stelle habe das Bandmaß bei 1,15 m die Wasserobefläche durchbrochen. Schöner Mist. Aber ich bin immer noch ganz ruhig. Schließlich ist es nur ein kleines Teilstück, dem das Wasser knapp ist, und notfalls werden wir eben etwas treiben.

Jedenfalls weiß ich jetzt, daß der amtliche Pegel den Wasserstand über Normal Null angibt, also dank der Notwendigkeit einer gehörigen Übersetzungsarbeit für uns völlig wertlos ist. Tauchtiefe und Fahrwassertiefe geben da schon mehr her. Nicht klar ist, ob das Amt beginnt, Fahrwassertiefen auszurufen, wenn von Tauchtiefen nicht mehr die Rede sein kann. Und für unseren morgigen Törn haben sie definitiv nur Fahrwassertiefen angegeben (link)

Der Stadtanleger ist sehr neu und sehr bequem. Ein EU-geförderter Schwimmsteg, Strom, kein Trinkwasser (aus rechtlichen Gründen?). Hier ist der Pegel zu beachten. Bei Pegel 20 nur noch 0,80 m Wassertiefe. Wir haben Pegelstand 30, und ca. 3 Fuß Wasser unterm Kiel. stimmt also.


12.07.2010 (07.08 Uhr):

Bisher sind noch keine neuen Wasserstände im Netz. Es ist drücken heiß, ich will endlich los, traue mich aber nicht. Soeben passiert uns ein Schubschiff, wenn ich es richtig interpretiere mit ca. 1,30 m Tiefgang. Aber der will nur zu irgendeiner Baustelle, wenn ich den Schleusenmeister richtig verstanden habe.

Ich habe inzwischen einen Check des Maschinenraumes durchgeführt, alle Flüssigkeiten scheinen ok, nichts auffälliges.

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12.07.201016.9Hohensaaten (Schleuse)
L: 14°08'52", B: 52°52'20" | google-maps
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Haben uns nach Bekanntgabe der heutigen Pegelstände dann doch entschlossen, die lange Tour nach Hohensaaten zu beginnen. Es gibt keine berechtigte Hoffnung, vorher einen geeigneten Hafen zu finden. Es gibt keinen. Die Oder ist immer noch Grenzfluß, wir dürfen, so lange wir nicht in Polen einklariert haben, nur am linken Ufer landen. Es sei denn, wir haben eine Havarie.

Nach den angesagten Fahrwassertiefen sollte der erste Teil der Reise problemlos sein. Den Auskünften des Schleusenwärters folgend, mussten wir dann aber spätestens an der Mündung der Warte trocken fallen. Um es gleich vorwegzunehmen: Wir hatten eine Berührung mit einem unsichtbaren Unterwasserhindernis, aber nicht am Ende, sondern gleich am Anfang unserer Flußfahrt, weit. vor Frankfurt/ Oder. Zum Glück blieb das ohne Folgen. Ich hab natürlich gleich den Antrieb hochgeholt, und abgetastet. Fühlte sich gut an.

Ich denke, daß ich in jener Phase noch zu sehr darauf bedacht war, die Fahrrinne, oder was ich dafür hielt, einzuhalten. Irgendwie ist die Oder aber etwas anderes als die Elbe. Sie scheint plattgefahren zu sein. Während in Ufernähe deutliche Wellen am Grund im Echolot sichtbar sind, scheint der Boden des Flusses in einer gedachten Mittellinie zwischen Ufer und den auf diesem Abschnitt verankerten Tonnen ganz eben, wie plattgewalzt zu sein. Fährt sich abgesehen von den teilweise heftigen Verwirbelungen eigentlich sehr gut, und die gleichmäßige Tiefe wirkt beruhigend.

Die Fahrt war trotzdem mit beträchtlichen Anstrengungen verbunden. Neben der Navigation hatte ich mir schließlich vorgenommen, die Tonnen zu erfassen. Über einhundert Kilometer Tonnen, Verkehrszeichen, Kilometersteine an einem Tag. Am Ende waren es vierhundertundzweiundsechzig. In Worten.

Als wir in Hohensaaten ankamen, war ich fertig. Ilona gab mir ein Bier, so ein kleines eiskaltes Warsteiner, 0.25 Liter. Ich hab es in einem Zug getrunken und binnen 5 Minuten wieder ausgeschwitzt. Furchtbar. Als wir in Hohensaaten ankamen, hat Ilona mit der Schleuse telefoniert, ob wir an der Sportbootliegestelle übernachten dürften. Sie haben zum Glück ja gesagt. Die Hitze des Tages steigerte sich zum Abend ins ungeheuerliche. Aber der Wetterbericht versprach ein Gewitter für die Nacht. Also Plane rauf. Ein Saunaeffekt vom feinsten. Als der Wind früh um halb vier auffrischt werde ich wach. Wind ja, Regen nein. Die Sauna am Morgen dann richtig schlimm.

Eigentlich ziehe ich ja eine gemütliche Flußfahrt jedem Abenteuer auf See vor, aber das Wetter treibt mich jetzt langsam an die Küste.

Vielleicht noch ein Nachwort zu dem Sportsfreund, der in Eisenhüttenstadt mit uns schleuste, und zu meinem Erstaunen abends um 18.00 Uhr noch auf die Oder hinausfuhr. Das Schiff heißt Sonenschein. Wenn ich so etwas sehe, Stelle ich mir immer die Frage, ob der Skipper besonders schlau, oder besonders abenteuerlustig ist. Meine Karten liefern keinen Hinweis auf einen vernünftigen Hafen oder Liegeplatz drei Stunden von Eisenhüttenstadt entfernt. Und in drei Stunden würde es dunkel sein. Wohin mag der gefahren sein? Diese Frage werde ich wohl nie beantworten können, aber irgendwie war ich nicht erstaunt, dem Boot, es ist ein 26-er Bayliner, heute wieder zu begegnen. Er kam uns stromauf entgegen, im Schlepp. Ich war nicht so sehr verwundert.




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13.07.201011.6Ziegenort PL
L: 14°31'14", B: 53°39'32" | google-maps
10490

Ich gebe zu, daß ich etwas genervt bin, wenn ich keinen Internetanschluß zur Verfügung habe. Und in Hohensaaten, zumindest am Unterhaupt der Ostschleuse gibt es kein Internet. Ich habe es zwar gestern geschafft, die FreieTonne-Daten hochzuladen, aber der anschließende Datenabgleich, der normal in zwei Minuten abgeschlossen sein sollte, hat fast zwei Stunden gebraucht und die Logbuchdaten gar nicht mir übertragen. Soll heißen, die Navigation ist einsatzbereit, aber Logbuchschreiben ist nicht mehr drin. Daneben keine Wetterinfos ... Wozu hat man diese ganze Elektronik, wenn sie versagt, weil Telefongesellschaften Ländergrenzen im Schengenraum ob ihrer Roaming-Profite nicht aufgeben möchten.

Das also und die ungeheure Hitze, treibt uns jetzt beschleunigt in Richtung Ostsee. Wir sind gleich früh aufgebrochen, die Oder wird kurz nach Hohensaaten sehr bequem. Keine Tonnen, keine Fahrwasserwechsel, sie ist überall tief genug und gibt vier km/h Geschwindigkeit kostenlos hinzu. Dazu ist sie fast menschenleer. Die meisten Skipper ziehen wohl die regulierte Friedrichthaler Wasserstraße vor. So eine Urangst vor dem Fluß ohne Wasser, dem Scheitern auf einer Sandbank oder so, steckt wohl in uns allen. Sei es drum. Ich will die letzten Zeichen der Oder haben, also müssen wir Oder fahren.

Die ersten Kilometer unterhalb von Hohensaaten sind dann nochmal etwas anstrengend. Wir haben ein Schubschiff voraus, also hängen wir uns zunächst an. Die gestern vermutete Strategie bestätigt sich. Immer schön in der Mitte zwischen Tonne und Ufer. Das Schubschiff ist etwas langsam, also überholen wir, und kurz darauf endet die Betonnung. Die Oder ist jetzt überall gleichmäßig tief. Sie schiebt noch bis Stettin, allerdings allmählich schwächer werdend. Aber drei Kilometer in der Stunde sind es schon.

In Stettin geht es über den Dabiesee, obwohl wir hier rasten wollten treibt es uns vorwärts, wir fahren bis Ziegenort durch. So zwischendurch noch ein kleines Wechselbad der Gefühle. Das erste ist "Klasse". Zum ersten mal fahre ich in beinahe unbekanntem Gewässer praktisch nur nach unseren FreieTonne-Daten. Das Navigationsprogramm auf dem Laptop tut absolut, was es soll. Ich fühle mich sehr sicher, die Karte zur Kontrolle bestätigt immer, was ich schon weiß. Gleichzeitig bezieht sich der Himmel. Der Wind aus Nordwest brist etwas aus, vereinzelte Gischtwolken kommen über. So zeitig hatte ich meine Wettersorgen eigentlich nicht erwartet. Mißtrauisch haben wir die Wolke an Backbord beäugt, aber sie hat sich als harmlos erwiesen. Oder freundlich, vielleicht hatte sie ein Einsehen mit uns. Wir kamen unangefochte in Ziegenort an. Und außer dem fehlenden Netz war alles wunderbar. Ein guter Platz am Bollwerk, eine ruhige Nacht, dann Tanken und weiter.

Bemerkenswert vielleicht, wir treffen die "Sonnenschein" wieder. Jenes Boot, das in Eisenhüttenstadt so mutig auf die Oder fuhr, dann stromauf geschleppt wurde, macht abends in Ziegenort fest. Das erstaunliche dabei: die Sonnenschein wird wieder geschleppt. Wie schon auf der Oder. Sie werden eingeschleppt, und direkt an der Tankstelle abgesetzt. Nach kurzem Tankstopp dann Kurs auf die offene See :-)

Ich war wirklich der Meinung, der Verrückte würde weiterbrettern, und habe schon gemutmaßt, wo er das den nächsten Schlepper bestellen müßte. Aber sie sind dann doch in den Seglerhafen abgebogen.

Ilona hatte sich inzwischen zur Müllentsorgung abgemeldet, und den Landgang unerlaubt so lange ausgedehnt, daß ich schon begann, mir Sorgen zu machen. Als ich schon fast beschlossen hatte, alles abzuschließen, und mich auf die Suche nach dem Deserteur zu machen, kam sie wieder, und die Neuigkeiten sprudelten nur so aus ihr heraus: Das Wetter wird morgen gut. Um die Mittagszeit so drei Windstärken. Und ich hab da diesen Typen getroffen, das war bestimmt der von der Sonnenschein. Zu den drei Windstärken meinte der souverän, daß sei ihm egal, er habe ja einen Motor!. Wir haben uns amüsiert, und gemutmaßt, wo wir ihn das nächste mal treffen würden. Zu unserem Leidwesen hat er aber angekündigt, nach Swinemünde weiter zu wollen, und das hat er offenbar am nächsten Morgen auch getan. Er ist zehn Minuten vor uns ausgelaufen, und ward nicht mehr gesehen ...

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14.07.201014.7Ueckermünde (Stadthafen)
L: 14°02'57", B: 53°44'07" | google-maps
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Heute nun endlich die Kurzstrecke, die wir uns für diesen Urlaub vorgenommen haben. Ziegenort bis Ueckermünde, was für ein Abenteuer. Nachdem sich das von Ilona prophezeite Gewitter nicht eingestellt hatte, haben wir die Seitenteile wieder entfernt, und die Fahrt genossen. Zwischendurch ein paar Korrekturen an den Tonnen, da war irgendwo eine mehr als früher, die Bezeichnungen hatten sich geändert, habe ich dann ständig darauf gewartet, daß mich Era, das polnische Funknetz, in das sich alle meine "i"-s eingeloggt hatten, wieder an die Telekom entlässt. Das hat gedauert, aber irgendwann war es dann so weit. Mit dem Erfolg, daß wir den dritten Tag praktisch ohne Netz verbringen. Wir sind Baden gegangen auf dem Haff. Treiben lassen, Baden gehen, und die Ansteuerungstonne Ueckermünde voraus.

Ich habe mir genüsslich Zeit gelassen, die Einfahrt zu vermessen. Es hat wunderbar funktioniert. Wir sind in die Uecker eingelaufen, alles wunderschön, bis in die Sadt gefahren. Sie machen den Hafen, das heust alle Bollwerke neu. Die Häuser ringsum sind alt, aber gut geputzt, der freundliche Hafenmeister schafft die richtige Stimmung.

Einzig die Tatsache, daß die Versorgungsanschlüsse für Strom und Wasser am rechten, die Pommesbude aber am linken Ufer ist, trübt meine Zufriedenheit. Wir haben keine Lust, das Boot abzuschließen, um ein paar Pommes zu holen, iLona zieht also allein los, und kommt mit einer Riesenportion zurück. Als der Hafenmeisterr später fragt, ob wir uns die Stadt schon angesehen haben, drucksen wir etwas unsicher herum. Wir waren faul. Wir haben nichts gesehen, und als Ilona einkaufen wollte, war es schon kurz nach sechs. Zu spät. Da wir morgen den großen Sprung nach Mönkebude wagen wollen, bin ich aber guter Hoffnung, daß wir noch etwas von der Stadt sehen werden. Da muß doch zum Beispiel ein Buchladen sein!

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15.07.20109.7Usedomer See
L: 13°55'28", B: 53°51'20" | google-maps
2930

Nach einem gemütlichen Frühstück in der verkehrsberuhigten Stadt sind wir nach Mönkebude aufgebrochen. Das Wetter sieht etwas seltsam aus, und die angesagten 2-3 Windstärken können die Welle auf dem Haff nicht produziert haben. Es blieb aber alles im Rahmen. Zwar mußte der Laptop vor der Gischt geschützt werden, aber mehr als mittlere Müritzwellen wurden es dann doch nicht.

Der Hafen von Mönkebude sieht ziemlich gemütlich aus, aber nach nicht mal 2 Stunden Fahrt einen Übernachtungsplatz suchen ging dann doch nicht. Nachdem wir die Zufahrt vermessen und eingetragen hatten, ging es also weiter in Richtung Usedomer See, der potentiell der Übernachtungsplatz werden sollte. Ist aber sehr flach, und ein ziemlich morastiger Grund mit vielen langen Algen. Also nicht das Badevergnügen. Werden hier Siesta halten und dann gegen Abend noch in Richtung Anklam weiter fahren.

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15.07.20106.7Anklam (Stadtanleger)
L: 13°41'15", B: 53°51'34" | google-maps
2030

Auf dem Weg nach Anklam ist nichts aufregendes passiert, wie sollte es auch. Die Zugbrücke öffnet viel öfter, als in diversen Reiseführern und Kartenwerken beschrieben, der Fluß ist auf den unteren Kilometern ausreichend tief, er schiebt sich mit ungefähr einem Kilometer die Stunde in Richtung Peenestrom.

In Anklam kann man gut am Bollwerk festmachen, ringsum Park, die Stadt selber auf dem rechten Ufer. Ich weiß nicht, ob wir es schaffen, hier endlich mal einen Spaziergang zu machen. Irgendwie bin ich seit einer Woche nicht wirklich vom Boot gekommen. Das Frühstück und der Buchladen in Ueckermünde heute morgen ausgenommen, aber das war alles in allem kein ganzer Kilometer Bewegung.

Die nächsten Tage sollen kühler werden, und angeblich sind auch Gewitter und kurze Böen drin. Genau das richtige für eine Flußfahrt. Wir werden die 100 km Peene, die schiffbar sein sollen, vermessen, und uns dann weiter in Richtung Greifswalder Bodden Vorarbeiten. Immer schön Hafeneinfahrt für Hafeneinfahrt ...


16.07.2010 (09.48 Uhr):

Sind heute wieder zum Frühstücken in die Stadt gegangen. Nicht sehr beeindruckend. Ich konnte mich wage daran erinnern, daß der Großteil der Altstadt aus Neubauten bestand. Entsprechend kahl ist die Gegend um den Marktplatz. Das einzige Frühstücksangebot dann vor der Stadtbäckerei Junge, dem großen Bäcker-Monopolisten des Nordens. Die Atmosphäre von der drei Meter entfernten Bundestraße bestimmt. Natürlich vor dem großen Otto-Lilienthal-Center, wohl der einzigen größeren Privatinvestition der Stadt nach 1990.

Der kulturelle Höhepunkt erreichte uns an der Supermarktkasse, wo wir unsere Vorräte an - Milch - ergänzten: "Du brauchst nich an die andere Kasse, da kommen die ganzen Rentner, die brauchen immer so lange,bis sie das Geld im Portemonnaie finden.". Der Spruch einer jungen, sehr dicken Frau, die mißgelaunt ihren Mann mit Kind in so einem Spielzeugauto-Einkaufskorb vor sich her trieb. Unmöglich. Morgens halb zehn in Deutschland im Supermarkt zum Familieneinkauf, wenn man nicht im Urlaub ist, sieht nach Bezahlung vom Amt aus. Dann locker solche Sprüche abzulassen, beleidigt meine feinsinnige Urlaubsstimmung.

Ich hatte der Stadt ob ihres tristen Aussehens den Bonus gegeben, im letzten Weltkrieg ausgebombt worden zu sein, und war stillschweigend davon ausgegangen, daß es britische oder amerikanische Bomber waren. Wikipedia, ich verfalle langsam in die gute alte Gewohnheit, diese als Stadtführer zu nutzen, weist aber darauf hin, daß es deutsche Bomber waren, die die Stadt einen Tag, nachdem sie von der Roten Armee besetzt worden war, zu achzig Prozent zerstörten.

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16.07.201010.7Kummerower See
L: 12°53'50", B: 53°50'28" | google-maps
7570

Hatte ich eigentlich schon erwähnt, daß es sich die Wasserschutzpolizei in Anklam nicht nehmen lies, uns, also Ilona, darauf hinzuweisen, daß es in ganz Mecklenburg-Vorpommern verboten sei, in Häfen zu baden?

Die Fahrt zum Kummerower See ist einfach und komfortabel. Lediglich die etwas schrägen Brückenöffnungszeiten in Loitz und Demmin sind zu beachten.

Obwohl wir eigentlich geplant hatten, in Demmin zu rasten, sind wir zum Kummerower See weiter gefahren, da Demmin vom Wasser aus nicht so besonders einladend wirkt, und scheinbar auch nicht einlädt. Das Bollwerk im Stadthafen könnte sicherlich für Sportboote freigegeben werden, nur ein geringer Teil scheint noch industriell genutzt. Aber kein Hinweis. Selbst für die Wartezeit auf die Brückenöffnung war kein Platz ausgewiesen, wir haben am Dampferanleger festgemacht, und gewartet, ob man uns vertreibt.

Da war die Brücke in Loitz schon viel angenehmer. Zum einen ist der Ort sehr schön geputzt, zum anderen neben dem modernen Hafen eben auch das Bollwerk am Fluß eins A in Schuß. Ich überlege, ob wir hier auf dem Rückweg übernachten sollen, aber eigentlich steht Jarmen auf dem Programm. Ich werde wohl wieder einmal Wikipedia konsultieren, ob sich Jarmen lohnen würde oder nicht.

Die Drehbrücke in Loitz soll übrigens die älteste noch handbetriebene Drehbrücke Europas sein. Schwere Arbeit für zwei starke Männer. Zunächst die über 50 m lange Brücke für den Straßenverkehr sperren, Handarbeit. Dann zogen sie mit einer riesigen Eisenstange in die Mitte der Brücke, wo eine Art Ankerspill sein muß. Konnte ich nicht so genau erkennen. Dann aber wie auf alten Segelschiffen, legten sie sich mit voller Kraft in die Stange, und die schwere Metallkonstruktion begann zügig zu schwenken. Und bei all dem hatten die beiden, trotz der Temperaturen, scheinbar noch gute Laune.

Eine Vorahnung hat uns übrigens bewogen, über Nacht die Plane aufzuziehen, und prompt hat es nachts um vier, kurz vor Sonnenaufgang gewittert. Wir lagen sicher auf dem See, und es war ein herrliches Schauspiel, das wir Stadtkinder so nur selten erleben. Senkrechte Blitze fuhren auf die Erde, die einzelnen Fronten fein säuberlich getrennt. Beeindruckend.

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17.07.20108.5Koesters Eck (Malchin)
L: 12°46'02", B: 53°44'41" | google-maps
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Nach der kurzen Tour nach Malchin sind wir heute bis zum Malchiner See gepaddelt. Nicht unbedingt der Bringer, intensive Landwirdschaft färbt das Wasser grün. Und sollte es einen proportionalen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Pferdebremsen und Pferden geben, müssen hier riesige Pferdeherden grasen. Kurz, es war nicht angenehm. Aber wir wissen jetzt, daß die für Motorboote befahrbare Peene hier zu Ende ist.

Es scheint sich um das gleiche DDR-Erbe zu handeln, wie zwischen Märkisch-Buchholz und der Wehrgruppe Leibsch, wo auch zu niedrig dimensionierte Straßenbrücken die Passage behindern. Für Jugendliche mit kleinen Booten und überdimensionierten Außenbordern ist das natürlich kein Problem. Sie brettern volle Kanne durch den kaum zehn Meter breiten Kanal. Einer hat uns chuldbewußt angeschaut, und seine Freundin in den Ausguck kommandiert, nachdem er uns fast über den Haufen gefahren hatte. Vom Gas gegangen ist er natürlich nicht. Warum auch. Am Eingang des Kanals ist die Station der hiesigen Wasserschutzpolizei, und wenn das blaue Boot da liegt, ist wohl nichts mehr zu befürchten.


18.07.2010 (09.24 Uhr):

Haben ein mittleres Chaos im Malchiner Hafen ausgelöst. Aber ich bin unschuldig. Wie immer eine Verkettung widriger Umstände. Zunächst wollte ich natürlich wie immer ganz früh aufstehen, durfte aber nicht. Mein Maat achtet streng auf die Einhaltung der Ruhezeiten. Als ich dann endlich aufgestanden bin spüre ich heftige Aktivitäten hinter unserem Heck. Es ist Wohl der schon gestern vom Hafenmeister angekündigte Dampfer, der jetzt einläuft, und - nicht genug Platz hat. Da steht ja die MY Naja, wie vom Hafenmeister platziert. Ich kleide mich schnellstmöglich an, gehe an Deck. Aber es ist schon geschehen. Der Dampfer liegt etwas seltsam am Steg, der Skipper brabbelt etwas von "Was glaubt ihr, wofür das Schild hier steht?". Ich zurück:"Der Hafenmeister hat uns hier hingelegt!" Er hatte außerdem gesagt, wir sollten uns nicht anquatschen lassen, hier kämen manchmal so ne Typen vorbei, die alles besser wüßten. In seinem Hafen sei er die oberste Autorität. Das sich das auf den Skipper der hiesigen Dampfschiffahrt beziehen sollte, wunderte mich zwar etwas, aber ich habe mich nicht anquatschen lassen.

Natürlich bin ich als höflicher Mensch später, als sie lange, aber seltsam festgemacht hatten hingegangen, und habe gefragt, ob wir ein paar Meter vorziehen sollten. "Nö, jetzt liegen wir ja." hieß es schon viel weniger genervt. Ein älterer Herr, mit dem Rücken zum Kapitän mir gegenüber an Land stehend, flüstert mir mit Verschwörermiene zu: "Das kostet hundert Euro, hat er gesagt". Petze. Ich mochte den alten nicht. Wo kommen wir hin, wenn sich Landeier in die Dinge der Skipper einmischen. Versucht uns doch tatsächlich gegeneinander aufzuhetzen, um sein Abenteuer zu vergrößern. Ich bin also wieder an Bord gegangen und habe meinen Kaffee getrunken. Hab mir das so angesehen, und denke, er hatte sich sich einfach verschätzt, der Skipper. Hätte sehr gut festmachen können, wenn er die Mittelklampe mit einer achterlichen Spring zu dem hinteren Pfahl ... Geht mich nichts an, und war wohl der Routine geschuldet. Ist mal was anders als sonst klappt halt das Standardmanöver nicht. Zumal für die Leinen sein Maat zuständig war. Eine Frau ...

Wir haben übrigens den hiesigen kommerziellen Kanuverleih direkt vorm Bug. Auch sehr unterhaltsam. Gerade ist ein Pärchen vorbeigepaddelt, so vom ansehen her die Bikertypen. Etwas stämmig und sehr gelassen. Sie fragt: "Wo fahn wir jetz eigentlich hin?". Er: "Gradeeauus!". Sie: "Nö, da is zu viel Wind!". Das bemerkenswerte an dem Dialog: Es mag zwar in diesem Kanal zwei denkbare Richtungen geben, in die man fahren könnte, aber beide gehen eben zunächst "Gradeeauus" und der Wind ist in beiden Richtungen der gleiche. Die Gelassenheit seiner Antwort hat mir gefallen...

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18.07.201010.3Demmin (Wasserwanderrastplatz)
L: 13°01'39", B: 53°54'16" | google-maps
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Ich glaube, wir haben das Zentrum Mecklenburgs gefunden. Demmin. Schon auf dem Herweg war uns aufgefallen, daß die Stadt für den Bootstouristen nicht so besonders zugänglich ist. Zwar ist wie in den anderen Peene-Städten ausreichend und gutes Bollwerk vorhanden, im Gegensatz zu den anderen sind hier aber keine Liegeplätze für die Sportboote ausgewiesen. Angesichts der Hubbrücke, zumindest wenn man stromab unterwegs, und nicht zur Öffnungszeit angekommen ist, wirklich schwierig.

Wir hatten eigentlich eine Stunde Aufenthalt beim Moorbauern oder an der Aalhütte am Kummerower See eingeplant. Beim Moorbauern fand sich dank weiträumigen Parkens der wenigen Charterboote kein Platz, die Terasse an der Aalhütte war bis auf den letzten Stuhl belegt. Schließlich ist Sonntag.

Also sind wir eine Stunde zu früh in Demmin. Zeit für einen kleinen Stadtrundgang? Weit gefehlt. Der einzige Platz zum Festmachen ist der Wasserwanderrastplatz, der wohl extra so weit von der Innenstadt entfernt, wie möglich eingerichtet wurde. Wirksamer Schutz gegen lästige Touristen, hat man den Eindruck. Eine Stadt, die mittels einer Brücke haufenweise Touristen zwingen könnte, Geld auszugeben, verweigert sich dem. Erstaunliches, traditionsreiches Mecklenburg...

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18.07.201014Loitz (
L: 13°08'07", B: 53°58'11" | google-maps
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Im Gegensatz zu Demmin wirbt Loitz mit einem wirklich modern ausgebauten Sportboothafen um die Wassersportler. Vom ganzen Hafenbecken aus die Kneipe gut einsehbar.

Da ich den Namen noch nie gehört hatte, habe ich auf dem Herweg angenommen, einen einzelnen Bauernhof mit überdimensioniertem Yachthafen vor mir zu haben, aber es hängt wirklich ein Ort dran (Wiki)


19.07.2010 (21.41 Uhr):

Haben mal wieder einen faulen Tag hingelegt. Lesen, Schatten suchen, Abendessen in der Kneipe. Es hat gerade zum Einkaufen in der Stadt gereicht. Ein durchmischter Eindruck, viele Geschäfte umgezogen, ein großer Teil leerstehend. Die Wohnhäuser durchmischt. Redlich gepflegt, aber kein Reichtum.

Ingolf hat in den letzten beiden Tagen Gewaltmärsche hingelegt, und jede Tonne geklickt, die wir auf den nächsten drei Tagestörns hätten erwischen können. Es wird also eine gemütliche Weiterreise.

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20.07.20109.3Stolpe (Peene)
L: 13°33'34", B: 53°52'26" | google-maps
3740
21.07.201010.7Kröslin
L: 13°45'28", B: 54°07'17" | google-maps
646105

Sind nun endlich wieder aus dem Binnenland raus. Nicht, daß die Peene nicht eine angenehme, bequeme und auch interessante Tour gewesen wäre, aber das große Abenteuer ist sie eben nicht.

Wir wollten auf dem Weg zum Bodden eigentlich in Wolgast Station machen, aber wie jedes Jahr ist es uns nicht gelungen. Der Stadtanleger sah ziemlich voll aus, der Sportboothafen im Norden noch immer nicht sehr bequem. Wir sind also widerwillig nach Kröslin weiter gefahren, um hier mal wieder zu tanken und das Boot endlich "seeklar" zu machen. Bisher fahren wir ja immer noch wie die Frisöre durch die Gegend. Nichts ist verzurrt, im Vergleich zu sonst der reine Schlendrian.

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22.07.201011.4Stralsund
L: 13°05'57", B: 54°19'05" | google-maps
5750

Bei langsam auffrischendem Wind gut über den Bodden gekommen. Wir sind gleich früh um sieben losgefahren. Nach Maschineninspektion, Kanus und Fender festzurren. Windstille, also hab ich den Anker nicht geknebelt.

Die Ausfahrt in den Bodden war einfach, Ingolf hat gute Arbeit geleistet, auch wenn ihm aufgrund Akkuschwäche die letzten Tonnen entgangen waren. Ich hab die stillschweigend ergänzt, auch wenn er für diese Nachlässigkeit eigentlich eine fette Rüge verdient hätte.

Verwirrend war, wie Ingolf schon beschrieben hat, die Berufsschiffahrt, die wohl tatsächlich mit der Ostsee-Gaspipeline aus Rußland zu tun hat. Die haben scheinbar einiges an zusätzlichen Tonnen ausgelegt, um die kurzen Wege für diverse Versorger zu markieren, bzw. eben die Arbeitsbereiche der Spezialschiffe zu begrenzen. Wir haben uns davon immer fein freigehalten, und sind unseren Kurs gefahren.

Ich will mich nicht selbst loben, aber die letzten Programmierungen der FreieTonne, die darauf abzielten, größere Seegebiete überblicken zu können, haben sich ausgezahlt. Die Navigation war kinderleicht und übersichtlich. Ilona hat brav die Kurse angesagt, und ihre Informationen stimmten immer mid dem überein, was die FT sagte. Außer an manchen Stellen, wo die FT aktueller war. Das einzige, was zu tun blieb, war geradeaus fahren. Easy.

Auf der Mitte des Boddens frischte der Wind dann merklich auf, und ich habe erwartet, daß wir wieder hüpfen würden, wie eine Hühnerfeder. Offenbar sind wir aber im Laufe der Jahre immer schwerer geworden. Die Gischt kam soweit über, daß ich die Plane geschlossen habe, aber der Anker hüpfte nicht.

Alles in allem eine ruhige Überfahrt, und eine gelassene Tour bis Stralsund.

Die Ankunft im Hafen wie immer etwas kompliziert. Obwohl wir, bedingt durch die Brücke, alle Segelboote abgehängt hatten, war es schwer, einen freien Platz zu finden. Wie sich rausstellt, ziemlich normal, da die Wallenstein-Tage beginnen. Ein alljährliches Spektakell um den Tourismus anzukurbeln. Mit viel Engagement und Liebe gemacht, präsentieren sich Stadt und Leute wirklich interessant.

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23.07.20109.4Zingst (Darß)
L: 12°41'08", B: 54°25'42" | google-maps
4750

Da uns der Hafenmeister vertrieben hat, sind wir dann doch schon heute nach Zingst gefahren. Eine ruhige Fahrt, wie immer auf unserer bisherigen Reise in diesem Jahr. Unterwegs ist mir aufgefallen, daß die Tonnenbezeichnungen im Barther Bodden nicht stimmen, die Datenerfassung war noch nicht so einfach, als ich das damals gemacht habe. Eine Korrektur war nicht direkt möglich, da dafür eine Internetverbindung benötigt würde, die leider auf großen Strecken nicht zustande kommt.

In Zingst haben wir wieder im Segelverein festgemacht, und sind wieder zu jenem Italiener Essen gegangen. Der Betreiber muß den Beruf auf einer Autobahnraststätte gelernt haben. Qualität und Preis sind jedenfalls ähnlich. Da versöhnt auch die Tatsache nicht, daß Warsteiner ausgeschenkt wurde.

Ich habe heute zum ersten Mal direkt gesehen, wie sich eine unserer Batterien verabschiedet hat. Wir waren gerade in den Hafen eingelaufen, haben festgemacht, ich gleiche die Daten der FT ab, und habe dazu den Laptop noch über die Bordspannung laufen. Plötzlich piept der Transverter so peinlich vor sich hin, ich sehe auf die Voltmeter, und genau in diesem Augenblick sackt die Spannung von Batterie zwei auf 10.50 Volt ab. Hätte das nicht gestern passieren können, in Stralsund? Wo bekommen wir jetzt hier, mitten auf dem Darß eine neue Batterie her?

Die Frage geht mir nicht aus dem Kopf, weil wie zum Hohn auf irgendeinem Schiff hier im Hafen irgendeine schlecht geölte Feder regelmäßig quietscht, und dabei genau das gleiche Geräusch macht, wie der Transverter, dem gerade der Strom ausgeht...

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25.07.20109Ribnitz-Damgarten
L: 12°25'46", B: 54°14'44" | google-maps
3640

Die Fahrt durch Botstedter- und Saaler Bodden ist eine Fahrt nach Tonnen. Überall lauert Flachwasser, kurz nach der Zingster Drehbrücke, die nur zwei Mal am Tag öffnet, hatte sich ein Segelboot prompt festgefahren. Nach meiner Einschätzung war es aber nicht einmal aus dem Fahrwasser raus, es ist einfach verdammt flach da. Die Fahrt selbst ist unkritisch, erfordert aber eben erhöhte Aufmerksamkeit.

Auf dem Saaler Bodden war der kräftige Nordwest nicht unbedingt hilfreich, es gab eine ordentliche Welle, viel Gischt, ich war vollkommen durchnäßt, der Laptop war auf Orkanstation und ich habe tatsächlich mehrere Tonnen nicht erfassen können und auf Notbetrieb mit dem Hand-GPS umgeschaltet. Als wir nach Süden abgedreht hatten, war es dann etwas einfacher, hat aber noch eine ganze Zeit ordentlich geschaukelt.

Die Hafeneinfahrt in Ribnitz ist etwas langgezogen betonnt, das Wasser wieder etwas flach. Der Hafen selbst liegt aber gut geschützt und ist eigentlich sehr komfortabel. Erstaunlich, daß er nicht bewirtschaftet wird, es soll schon seit Jahren keinen Hafenmeister mehr geben. Strom und Wassersäulen sind aber vorhanden, und scheinen auch zu funktionieren. Da für heute noch ordentlich Wind angesagt ist, werden wir einen Tag bleiben.

Das Problem mit der Batterie hat sich übrigens gestern für uns sehr einfach gelöst. Ilonas Onkel hat mit seiner Autowerkstatt telefoniert, sie meinten, sie haben eine 130 AH Batterie da, der Onkel ist mit mir hingefahren. Der Preis für die neue Batterie -130 EUR - unschlagbar. Ich hab sie gleich gestern noch eingebaut.

Naja = kleine Schwester

Sonntag und Stadthafen sind zwei Begriffe, dir nur mittelbar zusammen passen wollen. Kommt hier noch schönes Wetter hinzu, sind sofort jede Menge Leute unterwegs. Einheimische, junge Paare, die Kinder herausgeputzt, Urlauber, die Besatzungen der anderen Schiffe. Wir haben eine Bank in drei Meter Entfernung, auf der alle 20 Minuten die Leute wechseln. Sie oben, Mustern das Schiff, wir unten geben wieder den Affen, schauen zurück und kratzen uns ab und an.

Ein Mann mittleren Alters spricht mich direkt an, und fragt nach der Bedeutung unseres Schiffsnamens. Ich will höflich sein, bin aber nicht an einem Gespräch interessiert, also beschließe ich, liegen zu bleiben und knapp zu antworten: "Der Name hat keine Bedeutung. Es war einfach so, daß ich damals meine Töchter gefragt habe, wie das Schiff heißen soll, und, ich glaube die jüngere, hat bedeutsam gesagt: Naja ...". Der Typ hat einen Hund dabei, so ein Tier mit ungeheuer vielen langen Haaren, der bestimmt gerade furchtbar schwitzt. Er ist nicht zufrieden mit meiner Antwort, hat wohl eine verwandte Seele in mir gesehen. Er klärt mich auf, seine Hündin (konnte ich bei dem Fellbewuchs wirklich nicht erkennen), heiße auch Naja, wobei er das "ja" erheblich in die Länge zieht. Das bedeute bei den Inuit soviel wie "kleine Schwester". Ich bedanke mich für die Information, und bedauere inzwischen, so unhöflich liegen geblieben zu sein. Der Gedanke, wir haben unserem Schiff versehentlich einen in der Bedeutung passenden Namen gegeben, gefällt mir aber doch. "Kleine Schwester", so was ...

Das wir noch einen Tag länger hier liegen geblieben sind, ist dem Wetter geschuldet. Wind ohne Ende. Der Bodden ist zwar sicherlich befahrbar, aber es muß ja nicht sein.

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26.07.201013.7Zingst (Darß)
L: 12°41'08", B: 54°25'42" | google-maps
4130

Die Rückfahrt von Ribnitz-Damgarten nach Zingst war wenig anstrengend, hatten wir doch die Datenerfassung für die FreieTonne schon auf dem Hinweg ziemlich abgeschlossen. Die zwei Tonnen, die wir bedingt durch Wind, Wellen und Verkehr auf dem Saaler Bodden ausgelassen haben, sind jetzt eingetragen. Obwohl ausreichend Zeit gewesen wäre, habe ich darauf verzichtet, alle Häfen des Saaler Boddens anzulaufen, die meisten Anfahrten hatten ja schon andere vor uns eingetragen, und die Peilung mit dem Fernglas ergab, wie nicht anders zu erwarten, keine Fehler.

An der Drehbrücke hat sich dann bestätigt, was wir schon auf dem Hinweg beobachtet hatten. An der östlichen Ausfahrt des Bodstedter Boddens zur Brücke hin, und auch Richtung Prerow befindet sich eine Barre, die äußerst flach ist, und zur wirklich exakten Einhaltung des Fahrwassers zwingt. Als wir die Tonnen Richtung Prerow geklickt haben, war natürlich der Ausflugsdampfer aus Prerow gerade Richtung Drehbrücke unterwegs. Sein Wendepunkt, da die Brücke ja nur früh und abends geöffnet wird. Da das Fahrwasser eng ist, fuhr er natürlich Kampflinie. Und als wir uns auf der Rückfahrt wieder begegneten, er hatte an der Brücke, ich an der Kanaleinfahrt nach Prerow gedreht, hatte er wohl die Nase voll. Ich hatte am Rande des Fahrwassers aufgestoppt, und bei drei Fuß unterm Kiel gleich vorsichtshalber den Antrieb hoch getrimmt. Der Kahn fuhr keine zwei Meter an mir vorbei und hat entsetzlich viel Wasser gezogen. Die Welle war wirklich erstaunlich, und Ilona fragte, ob wir hinten aufgesetzt hätten. Davon habe ich nichts bemerkt, aber die Auf- und Ab-Bewegung war wirklich nicht normal.

An der Brücke angekommen hatten wir dann mehr als zwei Stunden Zeit, die wir angenehm mit Essen, Baden und Lesen überbrückt haben. Dabei haben wir dann auch mal eine neue Art festzumachen ausprobiert. Bugleine an einem der dort als Wartestelle angebotenen, vollkommen durchgerosteten Pfähle, Ruder hart Backbord, und schon hingen wir in stabiler Lage wie eine Gierfähre schräg in der hier nicht unbemerkten Strömung, die übrigens die ganze Zeit schon in den Bodden hinein fließt.



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27.07.201011Schaprode (Rügen)
L: 13°10'00", B: 54°30'43" | google-maps
5550

Wir haben die Rückreise aus den Boddengewässern genutzt, um die Tonnenbezeichnungen, die wir bei der ursprünglichen Datenerfassung vor zwei Jahren nicht richtig notiert hatten, nachzutragen. Es ist eine lange Liste geworden, aber ich habe sie bereits abgetippt.

Der Hafen in Schaprode macht wie beim letzten Besuch einen guten Eindruck. Die Landung war nicht ganz schön, der Strom drückte doch etwas mehr, als gedacht, aber es gab keine Schäden und keine Aufregung. Vielleicht war ich ja der einzige, der mit dem Manöver nicht ganz zufrieden war.

Kurz nach uns kam ein Seglerpärchen rein. Donnerwetter, da war was los. Er hatte den Strom auch unterschätzt, will an den luvseitigen Steg neben uns und brettert fast mittschiffs an unser Heck. Ich hatte es rechtzeitig bemerkt, und ordentlich gegen gehalten. Normalerweise lehne ich es ja ab, anderen Skippern vermeintlich zu helfen, und ihnen so die schönsten Manöver zu verderben. Aber hier lag der Fall anders. Mit dem Schwung hätte er sich unsere Badeplattform garantiert ein gutes Stück in seinen Schiffskörper gerammt. So eine Punktbelastung ist auch für GFK nicht schön. Ich hab also zugefasst und es ging mit einiger Mühe gut. Als der Kahn sicher lag, konnte sich der Skipper dann gewaltig was anhören. Peinlich, was manche Frauen für eine Show abziehen, und traurig, daß es Männer gibt, die hier nicht den richtigen Ausweg wissen. Wie sich dieser Umgang auf die Tochter oder Enkelin, das ist nicht genau zu unterscheiden, auswirken mag, möchte ich gar nicht wissen.

Ich liebe ja Hafenfernsehen, aber diese Episode war verzichtbar.

Mir ist heute aufgefallen, daß es für uns inzwischen kaum noch neue Häfen in unserem Fahrgebiet, bzw. Aktionsradius gibt. In Schaprode angekommen, erinnerte sich mein Logbuchprogramm sofort, wie dieser Hafen heißt. Und, mein Gott, wie lange sind wir nicht hier gewesen? Wir wollen morgen endlich auch mal nach Ralswieck hinüber, und die allseits beliebten Störtebeker-Festspiele genießen. Einer der wenigen Orte, die wirklich neu sind. Und dann?

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28.07.201012.7Ralswiek
L: 13°27'09", B: 54°28'21" | google-maps
3830

Wieder eine ruhige, bequeme Fahrt. Ingolf hat ganze Arbeit geleistet. Fast ausschließlich nach seinen Angaben navigiert.

Ralswieck hat sich als angenehmer Hafen entpuppt. liegen ganz außen am Steg, gut vor dem Wind und dem allgemeinen Hafentrubel geschützt. Für die nächsten zwei Tage sind Windstärke 4 mit Wetterwarnung Böen bis 7 ausgegeben, wir werden also unseren Hochzeitstag voraussichtlich in Ralswieck verbringen, und dampfen dann langsam zurück.

Die Störtebeker-Festspiele haben wir natürlich mitgenommen. Der Ort scheint ganztags zu schlafen, um dann gegen 18.00 Uhr zu Höchstfahrt aufzulaufen. Die bis dahin verwaisten Imbißstände vor dem eigentlichen Festspielgelände werden von Unmengen Leuten in Besitz genommen, die mit Bussen herangefahren werden. Ab 19.00 Uhr Einlaß, alles läuft ruhig und gelassen ab. Wirklich gut und routiniert organisiert.

Das Stück selber eine Geschichte, die ein wenig an Raumschiff Enterprise erinnert, nur eben zu einer anderen Zeit an anderen Orten mit anderen Helden spielt, aber eben den Vorzug hat, in beliebigen Episoden fortgesetzt werden zu können. Schön war die Einleitung, eine dunkle Frauenstimme, die über die Lautsprecher eingespielt wurde und sagte: "Wir erzählen hier die Geschichte des Klaus Störtebeker, wie sie sich tatsächlich abgespielt - haben könnte.". Die kleine, sinnige Pause vor dem "haben könnte", machte den Charme der Einleitung aus. Wohl gezielt und getroffen.

Geschichte und Aufführung waren schön inszeniert, einige gewaltige Explosionen, deren Glutzhitze wir tatsächlich spürten, Lasershow, Lichteffekte, Trockeneis. Einiges angelehnt an den guten alten Indiana Jones, und ein ordentliches Feuerwerk für meine Lona hinterher. Es hat alles gepaßt, ist sehenswert, und ich kann mir vorstellen, daß wir uns die Fortsetzungen der nächsten Jahre nicht entgehen lassen werden.


29.07.2010 (23.26 Uhr):

Haben noch einen faulen Tag in Ralswieck verbracht. Sind nur zum Essen von Bord gegangen, es gab Regen und ordentliche Böen. Die Unwetterwarnung war amtlich, und sie hat gestimmt. Im Funk eines Stegnachbarn hatte ich das Vergbügen, ein Mayday mitzuhören. Große Aufregung auf der einen, Gelassenheit auf der anderen Seite: "Können Sie Ihre Position etwas genauer angeben?" ... "Wir holen Sie ab, bleiben Sie auf Standby auf Kanal 16".

Hier oben scheint in dieser Beziehung momentan einiges los zu sein. Irgendwo ist ein Stück Steilküste abgebrochen, sie wissen nicht, ob jemand verschüttet wurde, aber jemand hat kurz zuvor jemanden dort gesehen. Eine Leiche wurde aus dem Stralsunder Hafen geborgen, vermisst seit Freitag (da waren wir gerade da), gestern entdeckt. Ein Jugendlicher, zuletzt in einer Kneipe gesehen, Hinweise für eine Straftat liegen derzeit nicht vor. Ein 70-jähriger Segler ist aus seinem Boot gefallen, wurde nach mehreren Sunden geborgen ...

Da fühlt man sich doch in diesem Hafen so recht geborgen. Zumal es das Feuerwerk der Festspiele auch von hier aus, kostenlos, zu sehen gibt. Ilona möchte am liebsten für immer hier bleiben :-)

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30.07.201010Stralsund
L: 13°05'47", B: 54°19'04" | google-maps
6060

Die Überfahrt war einigermaßen erwartungsträchtig, die bösen Befürchtungen haben sich aber nicht bewahrheitet. Vier Windstärken aus Südwest bei einer Fahrt durch die inneren Gewässer Rügens können aber zumindest als abwechslungsreich gelten. Unser etwas vorlastig getrimmtes Expeditionsschiff nahm es aber gelassen. Nachdem ich trotz enger Fahrwasser den Fahrstand geschlossen hatte, war die Fahrt alles in allem in der Kategorie Überraschung und ganz angenehm einzustufen. Daß bei vier Windstärken doch an einigen Stellen locker ein Meter Welle stand, fand ich irgendwie verwunderlich.

In Stralsund haben wir genau den gleichen Platz wie letzte Woche genommen, der Hafenmeister hat's geduldet. Werden morgen früh noch hier tanken, langsam macht sich doch ein deutliches Defizit bemerkbar, und dann den Sprung über den Bodden machen. Ziel Ruden. Ich weiß auch nicht, warum es mir da so gefällt.

Bemerkenswert unterwegs vielleicht der Dreimaster, der am Buger Haken, von Westen kommend, die Rot-Grün-Rote Tonne 14/W1 übersehen, und stattdessen zwischen grüner Tonne 11 und roter Tonne 12/W2, die schon zum Fahrwasser nach Norden in die Ostsee hinaus gehört, hindurch gefahren, und dann offenbar aufgelaufen ist. Ein Anker vom Bug über das Heck hinaus, ein zu Wasser gelassenes Beiboot an Lee, nur ein Mann an Bord, der sinnend vom Heck nach achtern schaut. Keine weiteren Anker, keine Bewegung im Schiff, keine Signale. Offenbar festgefahren. Vor dieser Herausforderung kapituliere ich sofort. Wenn die Charterunternehmen so große Schiffe aufbieten, kann ich kleiner Sportbootskipper wirklich nichts mehr tun ...

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31.07.201010.5Ruden
L: 13°46'20", B: 54°12'20" | google-maps
636150

Der Ruden war schon immer einer meiner Lieblingshäfen. Still, ruhig, fast, aber nie ganz allein. Diesmal ist das anders, diesmal ist Samstag. Alle Charteryachten aus Greifswald scheinen hier übernachten zu wollen. Segelboot, weit jenseits der 10 Meter meist, ungeübte Crews. Nicht schön.

Als wir eingelaufen sind, das hat übrigens ziemlich Spaß gemacht, den der Südwind wird hinter dem Ruden dann zum Ostwind, und er hatte an Usedom entlang viel Raum, eine lange, hohe Welle aufzubauen. Zwischen Gieren und Surfen sind wir also in den Hafen getaumelt, drinnen ist es immer ganz ruhig. Die erste Feststellung: das Bollwerk im Westen ist jetzt für Fahrgastschiffe reserviert. Die Segelboote, die schon da sind, liegen an der Mole, ordentlich Platz dazwischen, so daß wir bequem festmachen könnten. Könnten. Aber die Leute sind hilfsbereit. Ich drehe eine Runde im Hafen, Fender ausbringen, Leinen klarieren. Die Fender am Bug (die armen Schweine) waren noch für die Boddenfahrt festgebunden. Es dauert also etwas. Als ich zum Bollwerk fahre steht schon einer da, uns die Leine abzunehemen. Ich höre die sinnlose Diskussion. Ilona meint zu dem freundlichen Herrn, sie würde den Poller schon treffen, und jeder, der dieses Logbuch liest, weiß, daß das stimmt. Aber der Herr auf dem Bollwerk liest eben unser Logbuch nicht, versucht die Leine zu fangen, zum Glück haben wir Zeit. Er hat die Leine, und beginnt mir zu signalsieren, wie ich fahren soll. Soviel zeit habe ich dann aber im Moment doch nicht, da das Bollwerk an dieser Stelle einen kleinen Knick hat, in den ich unseren Bug hineinlegen muß, damit wir richtig liegen. Ich fahre also das Manöver zu Ende, Ilona hat inzwischen wieder die Gewalt über ihre Leine, nehme meine Leine, will von Bord steigen, da steht er wieder, der hilfreiche Kamerad. Ich komme beim besten Willen nicht an ihm vorbei, gebe ihm die Leine, nehme das Ende entgegen und bedanke mich brav. Meine Enttäuschung, daß er mir beim Ausbringen der Spring nicht auch noch hilft, hält sich in Grenzen. Der Ruden. wir sind da. Ich bins zufrieden.

Ungefähr zehn Minuten später kommt das nächste Boot rein. So um die 14 Meter, Segelyacht, offenbar eine Chartercrew. Einer kommandiert souverän, die anderen stehen da. Vier Männer. Ich hatte so fest gemacht, daß hinter uns Platz war, und man muß dem Skipper zugestehen, daß er das Augenmaß hatte festzustellen, daß er da genau rein passt. Vielleicht war ihm auch nur präsent, daß das Schiff am Bug mit einer Niroplatte verstärkt ist. Mir machte das Angst. Ich stehe also am Heck und beobachte. Er stoppt vier Meter vom Bollwerk parallel dazu liegend auf, und fordert seine Mannschaft auf, die Leinen an Land zu geben. Dort steht schon wieder einer um zu helfen. Jetzt wird es peinlich. Sie treiben ab, und alle schauen mich vorwurfsvoll an, weil ich nicht geholfen habe. Gruppenzwang, ich gebe nach. Ich habe Urlaub. Keine Ahnung, warum dieses Boot kein Bugstrahlruder hat. Jedenfalls wird es nicht gegen den Wind von selbst ans Bollwerk treiben. Ich gehe also an Land um zu helfen.

Beim nächsten Anlauf, der Kahn kommt wieder vier Meter parallel zum Bollwerk zum stehen, bekomme ich die Bugleine zugeworfen. Nicht sehr genau, aber wenigstens lang genug. Ein Poller ist genau mittschiffs. Für mich ganz klar, Bug ran, Leine um den Poller, eindampfen. Ich bin aber der einzige, der so denkt, und der Kahn hat sein Gewicht. Inzwischen wird das Heck rangezogen, meine Vorstellung von diesem Anlegemanöver ist obsolet. Ilona hat das ganze beobachtet, und ruft mir zu: "Schatz, Du mußt weiter vor und ihn ranziehen!". Sie hat recht, ich gehe weiter vor und ziehe. Nun ist Segelboote quer ziehen gegen den Wind bei 14 Metern Schiffslänge ja eine leichte Übung. Als einer der Typen dann herüberruft: "Schatz, ziehen!" bin ich pappesatt. Die vier Herren stehen da wie die Ölgötzen und machen Witze, während andere ihre Unfähigkeit ausbügeln. Wohl gemerkt, es ging hier nicht um widrige Umstände, sondern um die absolute Unfähigkeit, das Schiff zu manövrieren. Ich war wirklich verärgert. Nachdem ich den Kahn rangezogen, die Leine um den Poller gelegt und ihnen wieder gegeben hatte, haben sie zu zweit die Klampe belegt. Was für Kerls.

Später kam noch einer von der Sorte rein. So gegen 21.00 Uhr, die Mole ist inzwischen voll belegt. Er möchte gern längsseits gehen bei einem anderen Segler. Nach dem zweiten Manöver wie oben, haben die Sportsfreunde ihn ans Bollwerk gejagt, wo er jetzt liegt. Deutlich und laut gejagt. Ich hatte vollstes Verständnis. Mag sein, daß es hier nicht um Sicherheit und Leichtsinn geht. Mag sein, daß Charterkapitäne keine Gefahr für andere oder sich selbst sind. Die beiden Crews heute jedenfalls sollten sich was schämen. Tun sie aber nicht. Bier, Musik. Ruden? Ziemlich öde hier ...

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01.08.201012.3Mönkebude
L: 13°58'11", B: 53°46'27" | google-maps
7460

Endlich mal ein 8-Meter Steg. Die Anfahrt bequem, der Hafen sehr odentlich. Allerdings ist ja das Baden in allen Häfen Mecklenburg-Vorpommerns verboten. Hier kann man sehen, warum. Die äußerst geschützte Lage des Hafens hat zur Folge, daß man nicht so einfach ins Wasser springen, und Baden mag. Der Fischereibetrieb ist aber sicher nicht die einzige Ursache dafür.

Interessant für mich waren die Notizen zur Entstehung des sehr robusten Bollwerkes, die ich am Aushang gelesen habe. Dort steht, der Hafen sei 1970 aus strategischen Gründen für die Volksmarine der DDR ausgebaut, dann aber nie in einem regulären Dienstbetrieb genutzt worden. Das Jahr, und die geografische Lage in einem Grenzgewässer zum "Bruderstaat" Polen, und die damaligen Ereignisse auf den Danziger und Stettiner Werften, werfen ein etwas merkwürdiges Licht auf die Geschichte. Aber vermutlich geht sie in die Richtung. Ich bin fast versucht, ein neues Forschungsprojekt aufzulegen.

Wie es dann allerdings möglich wurde, daß der Hafen nach seinem Ausbau sofort verwaiste, und sich ein Segelclub (Grenzgewässer war es ja immer noch) etablieren konnte ist nochmal in einer anderen Richtung interessant. In Mönkebude gibt es einiges an Bungalowdörfern, wer mag hier gebaut haben?

Das Wetter ist allerdings so drückend und schwül, daß mein Forscherdrang sich nicht wirklich entfaltet, außerdem wollen wir noch einen Tag hier bleiben, um unsere Zeitreserven für den Rückmarsch abzuschmelzen.

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02.08.201010.5Gartz (Westoder)
L: 14°23'41", B: 53°12'23" | google-maps
10510100

Als es heute morgen drückend und schwül wie gestern geblieben ist, haben wir beschlossen, doch schon ins Binnenland aufzubrechen. Mönkebude ist wirklich ein sehr geschützt liegender Hafen, kein Windhauch. Also ging es los.

Die Fahrt gen Osten war angenehm, praktisch keine Welle, aber Wolken überall. Inzwischen fahren wir übrigens fast ausschließlich nach den FreieTonne-Daten. Das System ist übersichtlich, und auch sehr robust. Die modifizierte Ansicht läßt mich fast das gesamte Haff überblicken, wir landen jeweils punktgenau, wo wir hin wollen. Pünktlich an der Einfahrt nach Ziegenort beginnt ein leichtes Nieseln. Wäre ja zu schön, im Trockenen zu tanken. Danach geht es gleich Weiter. Nach Gartz (die Einheimischen sprechen es "Jartz" aus), zu Steffi, was sonst. Ingolf hat so von der Würstchenbude am Hafen geschwärmt, daß ich unterwegs nichts gegessen habe, in der Vorfreude auf die kulinarischen Genüsse, die uns erwarten.

Als wir in Gartz angekommen waren, die große Enttäuschung. Steffi ist nicht da, die Würstchenbude mit dem Vermerk "Wegen Schlechtwetter geschlossen" verbarrikadiert. Der Hafenmeister erklärt uns, daß in der Stadt ein sehr gutes Restaurant sei, wir ziehen los, und bekommen trotz fortgeschrittener Zeit einen Platz im Freien und ein gutes Essen. Als wir bezahlen wollen, setzt sich die Wirtin, erschöpft von der Tagesarbeit, zu uns, und wir plauschen noch eine Stunde. Sie haben die Wirtschaft erst vor zwei Jahren übernommen, und sind stolz auf das, was sie inzwischen geschaffen haben. Sie machen keinen Urlaub, und keine Schließtage aus Angst, die Kunden zu verprellen. Sie betreiben eine Pension,
vermieten da auch an Bauarbeiter auf Montage, denen sie auch nachts um zwei auf Bestellung ein Abendessen servieren.

Wir glauben ihr, was sie uns erzählt, sie hatte ja gerade schlißen wollen, als wir kamen. Ihr Mann oder Freund, so genau erfahren wir das nicht, setzt sich später auch dazu, auch er stolz, aber auch traurig über einiges, was sie erleben. Da ist die Arbeitslose junge Frau von gegenüber, die nicht "für 150 Euro" arbeiten geht. Er arbeitet noch auf der ehemaligen LPG, die wohl keine Genossenschaft mehr ist, sondern eine GmbH. Hilft abends und an den Wochenenden in Gaststätte und Pension. Sie haben wirklich ein Ziel.

Viele Sorgen, die die beiden vorbringen, kann ich gut nachvollziehen. Innerlich wünsche ich Ihnen Erfolg. Aber ein gut Teil Glück wird wohl dazu gehören. "Jartz" ist einfach wirklich sehr weit abgelegen.

Der Hafen von Gartz ist dann übrigens wieder eine EU-Förderung. Inzwischen habe ich gelernt, daß in der Nähe zu Polen, oder auch an der Peene alle Häfen modernerer, oder robusterer Bauweise entweder eine NVA, oder eine EU-Vergangenheit haben. Etwas irritierend hier die Dalben, die auf ungefähr 12 Meter Länge stehen, obwohl die Schwimmstege mit gut 9 Meter Länge für die meisten Boote zum Festmachen völlig ausreichen durften.

Ebenfalls irritierend die Kehrströmung im Hafen. Die Westoder mag hier eine Strömung von ungefähr einem km/h haben, das Kehrwasser auch. Alle Skipper, die wir beobachten konnten, haben also versucht, stromauf den Steg anzufahren, um sich dann rantreiben zu lassen. Und alle trieben verwundert stromauf, also vom Steg weg.

Da Regen angesagt war, und übrigens auch den ganzen Tag anhielt, sind wir einen Tag länger in "Jartz" geblieben. Ich habe immer wieder sehnsüchtig nach Steffi Ausschau gehalten, und mag gar nicht schildern, wie die Würstchen und Pommes in meiner Phantasie immer leckerer wurden. Aber die Ankündigung "Wegen Schlechtwetter geschlossen" war endgültig.

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04.08.201010.8Marienwerder
L: 13°36'34", B: 52°51'02" | google-maps
8680

Unverrichteter Dinge sind wir dann heute weiter gefahren. Ziel eigentlich Hohensaaten, aber die dortige Liegestelle war nur Schleusenrang, und wir waren vielleicht auch zu früh dort. Also ging es weiter Richtung Schiffshebewerk. In Oderberg zu rasten, war wieder nicht akzeptabel, die Erinnerung an die belegten Brötchen auf unserer ersten Ostseetour (vor sechs Jahren?) war einfach zu frisch.

Ich weiß nicht genau, warum wir bisher nie hier Halt gemacht haben, kann den Hafen aber wärmstens für einen Zwischenstopp empfehlen. Bei der Ankunft wurden wir durch den Hafenmeister freundlich eingewiesen, und auf einen der hinteren Stege platziert, die vorderen sind den Kielbooten vorbehalten, da hier die Wassertiefe größer ist. Erst am nächsten Tag habe ich an den Stahldalben unter Wasser vorstehende Bolzen bemerkt, die u.U. an einer senkrechten Bordwand Schäden verursachen könnten, ein wenig Acht geben soltte man also. Essen und Service waren allerdings wirklich angenehm, und auf der geräumigen Terasse sitzt man gut.

Am Schiffshebewerk hatte ein Segelboot bei uns fest gemacht, das wir schon in Gartz getroffen hatten. Für einen Ostseesegler bemerkenswert vorsichtige Manöver, aber jeder Skipper hat ja so seinen Tick, und für die beiden war das Boot offenbar etwas sehr wertvolles.

Wenn man so nebeneinanderliegt kommt man ja auch zwangsweise ins Schwatzen, während man höllisch aufpaßt, daß nichts kaputt geht. Wir unterhalten uns so, und kommen natürlich irgendwann auch auf die Navigation. Und da passiert es. Natürlich habe ich auf der ganzen Fahrt darauf gelauert, daß mir mal einer über den Weg läuft, der unsere FreieTonne für sich entdeckt hat. Und was meint er: "Ich benutze zur Navigation OpenSeaMap." Da brechen doch Welten zusammen. Fassungslos stammle ich: "Das ist die Konkurrenz ..." und überlege, seine Leinen loszuwerfen. Nein, natürlich nicht. Wir haben uns dann in Marienwerder wieder getroffen, und den ganzen Abend geklönt. Und als er brav versprechen wollte, die FT auch auzuprobieren, habe ich ihm empfohlen, zu nutzen, was er kennt. Irgendwie beschlich mich die Angst, wieder einen Nutzer mit Anrecht auf besonderen Support zu bekommen. Ich denke manchmal, daß die Leute aus purer Freundlichkeit ungeheuer viel Zeit investieren, um die FT zum Laufen zu bringen und in zwei Jahren feststellen, daß es dann viel einfachere Varianten gibt, und sie besser einfach hätten etwas warten sollen ...

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05.08.201010.6Schlänitzsee
L: 12°57'25", B: 52°27'18" | google-maps
8580

Da wir unserem Zeitplan noch immer etwas voraus sind, haben wir heute gleich noch den Havelkanal vermessen. Ich war erstaunt, daß der gar nicht so langweilig ist, wie ich immer unterstellt hatte. Er ist nicht wirklich so geradeaus, wie es auf der Karte aussieht, und das Ufer ist in weiten Teilen mit Gebüsch und Wäldern einfach abwechslungsreicher, als das Standard-Kanalbollwerk mit angeschlossenem Radweg.

Rastplätze oder ähnliches haben wir aber nicht gefunden, die zwei, drei Sportbootmarinas lassen nicht erkennen, daß Gäste willkommen sind.

Insofern sind wir auf Ilonas Wunsch im Schlänitzsee gelandet, der vom Sacrow-Paraetzer Kanal geteilt, und durch die Berufsschiffahrt stark frequentiert ist. Da sonst nur wenig Zivilisation zu sehen ist, war es aber trotzdem ein ausgesprochen angenehmer und ruhiger Ankerplatz.

Obwohl es nach Meinung eines OpenSeaMap-ers, der mich letzte Woche in einer Mailingliste dafür heftig angegriffen hat, unzulässig ist, habe ich mir erlaubt, die Gewässertiefen vom Echolot abzulesen, und einzutragen. Denn nach der Betonnung kann man den Eindruck bekommen, daß man das Fahrwasser besser nicht verläßt. Das wäre ein großer Irrtum.

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06.08.201010.4Bootshaus
L: 13°34'19", B: 52°25'51" | google-maps
5250

Eine ganz entspannte Rückfahrt, teilweise Regen, im Heimatrevier aber nun wirklich leicht zu ertragen, zumal wir die Schleuse trocken passieren konnten. Haben die Kilometer 29a-31a des Teltowkanals noch eingetragen, und mit dem Umweg von vielleicht einem Kilometer die langweiligen 10 km, die der Teltowkanal an der Autobahn entlang führt, durch die schöne Fahrt durch Köpenick ersetzt.

Und sind jetzt wieder zu Hause. Ohne größere Schäden hat die Ausrüstung mal wieder durchgehalten.

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sichtbar:

(Ø: 10.9 km/h, 3.4 kg/h, 0.3 kg/km)


1446

133

454

über alles:

(Ø: 8.4 km/h, 2.6 kg/h, 0.3 kg/km)


21584.3

2563

6623


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